Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher

Unabhängigkeit

Kapitel 14.d.: Ecuador: beginnender Widerstand

John Illingworth, der im vergangenen Jahr für die chilenische Marine spanische Schiffe im Pazifik gejagt hatte, traf Mitte Mai vor Punta Galera an der ecuadorianischen Nordküste auf die Fregatte, die er im letzten Jahr schon nicht hatte besiegen können. Auch diesmal war ihm kein Erfolg vergönnt. Sein Versuch den Spanier zu entern, mißlang, und er wurde schwer im Gesicht verletzt. Die Spanier verfolgten ihn nach Norden wo er sich in die Mündung des Rio Iscuandé (Dpto. Nariño, Kolumbien) flüchtete. Hier blieb sein Schoner stecken und er gab ihn auf. Als er von dem Aufstand in Guayaquil im Oktober hörte, stellte er sich in den Dienst der ecuadorianischen Patrioten.

Die Befreiung Neugranadas durch Bolivar und die Landung San Martins in Peru, weckte den Widerstand der Patrioten in Guayaquil. Unter Führung des Venezolaners Leon de Febres Cordero, konnten einige Soldaten zum Überlaufen bewegt werden und 09. Oktober wurde der Kommandeur der Kolonialtruppen festgesetzt, sowie die an verschiedenen Standorten in der Stadt verteilten Waffengattungen überrumpelt. Unter dem Vorsitz von José Joaquin Olmedo wurde eine Junta ins Leben gerufen, die die Regierungsgeschäfte führte.

Der peruanische Vizekönig, dem der Hafen immer noch unterstand, organisierte eine Truppe zur Rückeroberung, aber auch die Patrioten baten die Gesinnungsgenossen Bolivar und San Martin um Unterstützung. Bis November hatten die Patrioten eine Truppe aufgestellt, die der übergelaufene Vetter von Rafael, Luis Urdaneta, trotz ihrer mangelhaften Bewaffnung über Babahoyo ins Hochland führen sollte, um den Aufstand weiterzutragen. Anfang November kam es in Cuenca, auf der Kordillere, zum Aufstand, da die lokalen Patrioten Kenntnis vom Zug Urdanetas hatten. Sie besiegten am 04. die örtliche Garnison der Kolonialmacht, aber das Umland blieb royalistisch, da es nicht gelang, eine Miliztruppe aufzustellen.

Melchior Aymerich, der den Oberbefehl in Ecuador hatte, schickte Antonio Fominaya, der 1810 im kolumbianischen El Socorro entmachtet worden war und 1816 von Morillo wieder in die koloniale Unterdrückung eingebunden worden war, von Quito nach Süden, um die Aufstände zu beenden. Urdaneta besiegte ihn auf der Kolonialstraße (camino real) südlich von Guaranda am 09. November mit den Informationen von örtlichen Patrioten entscheidend. Der Sieg gab den Patrioten in Ambato Auftrieb, und am 12. kam es auch hier zum Aufstand, bei dem der dorthin geflohene Fominaya festgesetzt werden konnte.

Der Aufstand griff weiter um sich, und das Hochland südlich von Quito war den Spaniern einstweilen entrissen. Rund 1000 Pastusos fanden, da man sich in Neugranada mit anderen Landesteilen befaßte, die Gelegenheit, nach Quito zu ziehen, und Aymerich zu unterstützen. Verstärkt von einheimischen Milizen zogen die Neugrandiner unter Francisco Gonzales nach Ambato, offenbar genauestens von Aymerich instruiert. Bei Huachi, kaum ein Dutzend Kilometer südlich von Ambato, erwarteten Urdaneta und Febres Cordero die Royalisten am 22. zur Schlacht. Die Patrioten verloren nahezu ihr gesamtes Heer, und die beiden Anführer entkamen dem Gemetzel, das sich nach der Schlacht fortsetzte, nur knapp.

Gonzales ließ Ambato schleifen und befriedete das Hochland, womit der Aufstand hier zusammengebrochen war. Am 20. Dezember besiegte er die Patrioten aus Cuenca, dem letzten Widerstandsnest, etwa 25 Kilometer nördlich der Stadt. Nun war noch die Küstenregion um Guayaquil unabhängig.

Hier trafen Anfang Dezember die letzten von San Martin zur Unterstützung entsandten Truppen ein, die neben den schweren Vorwürfen gegen Urdaneta und Febres de Cordero wegen der Niederlage von Huachi, einen eigenen Feldzug auf den Weg brachten. Mit den 250 Soldaten des Expeditionsheeres brach der aus Neugranada stammende José Garcia Zaldua Ende Dezember erneut ins Hochland auf. Mit den Resten der Patrioten, die Gonzales nicht hatte erwischen können, bewegte er sich nach Guaranda, wo ihn monarchistische Dorfpfarrer auf dem Gelände der Hazienda Tanizagua mit nur hundert Freiwilligen und der aus 50 Mann bestehenden Garnison in einen Hinterhalt lockte, und das etwa 400 Mann starke Befreiungsheer am 03. Januar 1821 aufrieb. Garcia Zaldua geriet in Gefangenschaft und wurde in Guaranda hingerichtet.

Diese erneute Niederlage sicherte den Spaniern das Hochland und beschränkte die Patrioten in Guayaquil auf die Hoffnung, daß die Verstärkungen aus Neugranada bald eintreffen würden. Diese befanden sich in der Vorbereitung des Feldzugs, obwohl ihr Land selbst noch nicht zur Gänze befreit war.



Fortsetzung: Kap. 15: 1821: Fortschreitende Befreiung



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